Tag 40

So langsam nähere ich mich der Grenze zu Ecuador. Bald werde ich Kolumbien verlassen. Es wird daher höchste Zeit, meine schon vor ein paar Wochen in Cartagena gekauften Postkarten zu schreiben und zu versenden.

In den meisten Ländern ist der Ablauf dafür klar:

1) Postkarten kaufen
2) Briefmarken kaufen (meistens im selben Laden, wo es auch Postkarten gibt
3) Postkarten schreiben
4) Briefkasten suchen und die Karten dort rein werfen

In Kolumbien ist dies jedoch nicht so. Warum auch? Wäre ja viel zu einfach. Ich bin die letzten Tage hin- und hergelaufen auf der Suche nach Briefmarken und einem Briefkasten. Ohne Erfolg. Ich habe viele Leute gefragt, und stets gab es nur überraschte Gesichter, Unwissenheit und keine passenden Antworten. Ein Mitarbeiter im Dunkin Donut in Cali meine, dass es schwierig sei. Er wüsste nicht, wo in der Umgebung eine Post sei. Oder überhaupt in Cali. Er hat mich dann zum nächsten Servientrega-Büro geschickt. Das ist eine recht häufig zu findende Logistikfirma, die es in fast jedem Dorf gibt. Aber auch dort konnte man mir nicht weiterhelfen. Ich könnte die Postkarten in einem Karton packen und als Paket nach Deutschland schicken, das wäre möglich. Aber wo man Briefe und Postkarten verschicken könnte? Das konnte mir dort niemand sagen.

Zur Info, nicht dass ihr denkt, ich sei einfach in dem falschen kleinen Dörfchen: Cali ist nicht irgendein kleines Dorf, sondern die drittgrößte Stadt Kolumbiens mit rund 2,5 Millionen Einwohnern. Schreibt niemand von diesen Millionen Leuten Briefe oder Postkarten? Muss wohl so sein.

Nach einiger Recherche habe ich wohl die Erklärung dieses Problems gefunden: es gibt keine staatliche Post, sondern nur private Unternehmen. Und Briefe lohnen sich für die einfach nicht. Schade. Als Konsequenz folgt daraus:

Postkarten verschicken aus Kolumbien ist praktisch nicht möglich. Alle, die auf Postkarten von mir warten, müssen sich gedulden. Eventuell schicke ich die erst im April von Deutschland aus.

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Was mich jedoch nun extrem irritiert: als ich ein paar der Postkarten in Cartagena gekauft hatte, habe ich auch direkt Briefmarken kaufen können. Aber für welches der zahlreichen Unternehmen gelten die nun? Und gibt vielleicht einen Briefkasten in Cartagena? Oder sind die gekauften „Briefmarken“ nur extrem überteuerte Aufkleber ohne einen Wert? Ich werde es wohl nie erfahren.

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Als letzte größere Aktion in Kolumbien bin ich von Cali aus nach San Cipriano gefahren. Ein kleines Dorf, mitten im Dschungel. Es gibt keine Straße dorthin. Früher gab es scheinbar mal eine Zug-Verbindung. Aber die wurde eingestellt. Aber Kolumbianer sind erfinderisch.

Einfach ein schrottreifes Motorrad mit einer improvisierten Draisine verbinden, ein paar Bänke draufschrauben und fertig ist eine Moto-Bruja. Das Hinterrad liegt dabei auf dem Schienen und dient als Antrieb. Ein zutiefst abenteuerliches und unzuverlässiges Schienenfahrzeug. Ich bin zwei mal damit gefahren, und beide Male gab es Probleme.

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Da werden dann Unmengen Leute drauf getan, noch ein paar Hunde und jede Menge Taschen, und die Reise geht los. So schnell es möglich, schießen die Motorrad-Draisinen über die Schienen, wackeln durch enge Kurven und fahren (natürlich ohne zu bremsen) durch finstere Tunnel. Da die Spur nur einspurig ist, trifft man häufig auf Gegenverkehr. Hier hilft nur, dass eine Seite nachgibt und ihre Moto-Bruja von den Schienen nimmt. Sonst geht es nicht weiter. Alles in allem ein sehr unterhaltsamer Trip.

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San Cipriano selber hat aber natürlich auch was zu bieten. Einen schönen großen Fluss, zahlreiche Möglichkeiten zum Baden und noch eine Handvoll Wasserfälle. Keine Überraschung daher, dass es von vielen Kolumbianern für Tagesausflüge genutzt wird.